Christoph Girkinger schaffte erneut den Socialman Extreme Triathlon. Hier sein Bericht mit einer kritischen Anmerkung.

Am 2.7. war es heuer wieder so weit: ich startete erneut beim Socialman Extreme Triathlon vom Grundlsee bis nach Rauris, nur diesmal unter anderen Umständen als im Vorjahr (mein engster Kreis weiß Bescheid). Die Anspannung vom letzten Jahr war wegen gewisser anderer Umstände kaum vorhanden bzw. stellte sich diesmal erst kurz vor dem Start am Grundlsee ein. Das Schwimmen um 5:30 Uhr über die 5km lange Strecke verlief diesmal noch besser als letztes Jahr, und so kam ich wieder weit vorne nach 1:23h aus dem Wasser.

 

Auf dem Rad meinte es der Wettergott noch gut mit uns Athleten und Betreuern, nur am Dientner Sattel entfaltete sich dann rechtzeitig zum grausigen Anstieg die Sommerhitze. Diesmal kam ich etwas „besser“ hoch als letztes Jahr, aber der Anstieg brachte alle Athleten wiederum zur leisen und auch öfter zur laut geäußerten Verzweiflung. Am Sattel machte ich eine Pause, stillte meinen Heißhunger nach etwas Saurem mit einem deftigen Käsebrot und schob mir hinterher noch einen Marillenkuchen nach, wohl wissend, dass sich dies auf der Laufstrecke dementsprechend rächen wird, aber was solls, in dem Moment tat es einfach gut!

Nach 187km, 3109 Höhenmetern und 7:10Stunden Nettoradzeit kam ich gegen 14:20 in der 2. Wechselzone in Rauris an. Dort wurden mein Betreuerteam (wie im Vorjahr Karin und Sarah – danke Mädels!!) und ich darüber informiert, dass die Laufstrecke wegen Unwettergefahr geändert werden musste. Der Weg führte daher diesmal „nur“ über 25km und 900 Höhenmeter bis zum Tauernhaus hinauf und wieder rund 500 Höhenmeter retour hinunter zum Parkplatz Fleckweide, wo das neue Ziel des Socialman diesmal eingerichtet wurde. Die 1000 Höhenmeter hinauf zum Hochtor konnten aus Sicherheitsgründen nicht absolviert werden.

Gegen 18:30 stellte sich das Wetter auch tatsächlich rapide um: Starkregen und dichter Nebel hätten definitiv für viele Athleten eine große Gefahr in dieser Höhe bedeutet. Nach dem sich das verschlungene Käsebrot seinen langsamen Weg durch sämtliche Magen-Darm-Trakte bahnte, stellten sich beim Laufen vermehrt entsprechende Schmerzen bei mir ein – nach einer „Abführung“ abseits der Strecke gings langsam etwas besser und ich konnte dann den Retourweg vom Tauernhaus nahezu durchlaufen. So erreichte ich am späten Nachmittag nach 11:56 Stunden das neue Ziel des Socialman. Das ergab Rang 9 in der Einzelendwertung unter 36 genannten Startern, wobei schlussendlich 28 Einzelstarter ins Ziel kamen. Die Euphorie des letzten Jahres stellte sich diesmal nicht ein, aber doch das Gefühl unter den gegebenen Umständen wieder einen tollen Bewerb absolviert und mit meinem Startgeld behinderten Sportlern etwas geholfen zu haben!

Auch wenn man es beim Socialman noch nicht merkt, aber die Lust sich an Extremsportveranstaltungen zu beweisen steigt meines Erachtens stetig an. Mit einem „flachen“ Marathonfinish kann man heute kaum noch jemanden beeindrucken. Besonders das männliche Ego braucht heute schon andere Herausforderungen, um sich den entsprechenden Respekt und Anerkennung in der Sportlergemeinde zu verdienen. Bei vielen Hobbyathleten muss es schnell immer etwas Extremeres werden, ganz egal ob im Triathlon, Rad- oder Laufbereich. Tolle emotionale Bilder und Berichte von solchen Veranstaltungen in diversen Medien, Sportkollegen und Freunde, die aus eigenen Erfahrungen euphorisch berichten oder sich selbst mit ihren heroischen Taten in diversen Blogs beweihräuchern, können dann einige Hobbysportler eben zu solchen Teilnahmen verleiten, die aber dann schnell die eigenen gesundheitlichen Grenzen sprengen können. Der tragische Vorfall beim Bergmarathon in Gmunden hat mir wieder exemplarisch aufgezeigt, wie schnell sich das eigene spaßige Grenzen-Ausloten in ein tödliches Drama verqueren kann. Aber es gibt mittlerweile mehrerer solcher tragischen Fälle. Daher stimmt es mich zum Teil sehr nachdenklich, wenn Hobbysportler oft völlig blauäugig, um nicht zu sagen schon naiv und dumm ihre eigene Gesundheit auf dem Altar des neuen Hobbyextremsports opfern. Ja, das Leben an sich ist für jeden tödlich, es kann immer etwas passieren, in der Arbeit, im Alltag und eben auch im Sport. Aber jeder Hobbysportler sollte sich schon Monate vor einer Anmeldung zu einer Extremsportveranstaltung mit einigen Fragen selbstkritisch immer wieder auseinandersetzten – ein kleiner Auszug sei davon gestattet:

Warum mache ich eigentlich diesen Sport, was sind meine Motive? Habe ich eine wirklich realistische Zielsetzung? Verfüge ich über eine ausreichend gesunde Basis? Verfüge ich über die entsprechende Trainings- und Regenerationszeit für derartige Bewerbe? Verfüge ich über ein ausreichend gutes Körpergefühl? Nehme ich mir wirklich die notwendige Zeit, um Verletzungen vollständig auszukurieren? Greife ich öfter zu entzündungshemmenden Tuben als zur Hautcreme? Ist für mich der Griff zur Schmerztablette so selbstverständlich wie der Griff zum isotonischen Getränk? Habe ich einen individuell auf mich abgestimmten Trainingsplan oder kopiere ich stumpf Pläne von Kollegen oder aus dem Internet? Steigere ich meine Trainings- und Wettkampfkilometer in einem vernünftigen Ausmaß? Etc.

Ich möchte als Sportwissenschafter und Hobbytriathlet mit 14 Jahren Wettbewerbserfahrung über alle Triathlondistanzen bewusst hier provozierend wirken – viele Athleten könnten sich meiner Erfahrung nach diverses gesundheitliches Ungemach ersparen, wenn sie sich mit diesen und anderen Fragen kritisch immer wieder auseinandersetzen. Klar ist, dass sich unsere Motive, warum wir Sport treiben, oft unterscheiden, aber ich habe noch keinen Athleten getroffen, der mir zugesichert hat, dass er Sport betreibt, weil er bewusst nicht gesund sein will. Und das Gesundheitsmotiv sollte uns Hobbyathleten alle einen, erst dies macht alles andere erst kostbar: Spaß, Freude, soziale Anerkennung, Respekt, Stolz, Genugtuung, Selbstbewusstsein, Naturerlebnis und Abenteuer, das Kennenlernen eigener sportlicher Grenzen, etc.

Ein gesunder Körper braucht vor allen einen gesunden Geist – gerade im Sport! Pflegt daher auch eure Gedanken und nicht nur euer Laktatsystem, und unterliegt nicht blind irgendwelchen Bedürfnissen, die euch von außen als erstrebenswert aufgesetzt werden – die können auch im Extremfall tödlich sein!