Christoph Girkinger über seine erfolgreiche Teilnahme am „SocialMan“-Extremtriathlon vom Grundlsee zum Hochtor, 215 Kilometer und 4900 Höhenmeter, Schwimmen – Radfahren – „Laufen“, von 5:30 Uhr bis 19:40 Uhr am Samstag, 4. Juli durch die Sommerhitze.

 

Es ist geschafft: Ich habe gestern gegen 19:40 einer der härtesten Triathlonbewerbe in Europa (neben Namen wie Norseman, Swissman, Celtman, Inferno Triathlon, Austrian Extreme Triathlon, …) zu Ende gebracht – für mich nach einer sehr mäßigen Vorbereitung ein sportliches Wunder, denn meine Zweifel waren so groß wie noch nie vor einem Bewerb; ich hätte in der Früh ganz ehrlich nicht viel Geld auf mein Finish gesetzt! Hier ein kurzer Rückblick auf ein gewaltiges sportliches Abenteuer voll Emotion…

 

Rund 10 Tage vor dem Start zum „Socialman Extreme Triathlon“ brach bei mir schon die große Anspannung aus, und meine Tiefschlafphasen Richtung Start wurden immer kürzer. Freitag Mittag brachen ich und meine Lebensgefährtin Karin (und gleichzeitig mein Supporter über den ganzen Tag hinweg) zum Grundlsee auf, wo Nachmittags Race Briefing, Startnummernausgabe und Pasta-Party stattfanden. Der Rahmen war klein und stressfrei bei nur 25 Einzelstartern und 26 Staffeln. Alles anders als bei sonstigen Langdistanzrennen. Aber die Anspannung war allen Teilnehmern ins Gesicht geschrieben – es warteten am kommenden Tag ab 5:30 in der Früh knackige 5km schwimmen über den Grundlsee, 185km Rad mit 3100 Höhenmetern und abschließend noch ein Berglauf über 25km mit knapp 1900 Höhenmetern mit einem 5-6 Rucksack als Reisegepäck am Rücken auf das Großglockner Hochtor in 2600m Höhe, und das alles bei wohlfeilen 36 Grad Sommertemperatur!

 

Die Nacht zuvor in Altaussee war ein reines waches Dahindösen; in der Früh um 3:30 auf, beim Frühstück brachte ich vor lauter Nervosität fast nichts hinunter. Gegen 4:30 brachen wir zum Grundlsee auf, richteten die Wechselzone her und fuhren dann weiter zum Schwimmstart. Es wurde zunehmend heller, der baldige Sonnenaufgang kündigte sich schon vorsichtig an. Beim Start schon reges Treiben, wenige sahen hier noch richtig entspannt aus. Und endlich fiel dann der erlösende Startschuss um 5:30, eine kleine Anspannung fiel damit mal schon ab. Es ging von Anfang weg gut bei mir, der See war spiegelglatt und angenehm temperiert, das Ziel war nicht auszumachen, ich bin noch nie so weit in meinem Leben geschwommen, und schwamm daher ein zügiges Tempo um nicht in Gefahr zu kommen, die erste Cut-off Zeit des Tages von 2 Stunden beim Schwimmen nicht zu schaffen. Meine Sorgen waren unbegründet: nach ca. 1:27 Stunden kam ich relativ weit vorne aus dem Wasser, nachdem hinter uns über den Bergen die Sonne aufging und uns den Weg über das Wasser ausleuchtete. Beim Wechsel ließ ich mir Zeit um nichts Wichtiges zu vergessen, dann gings auf die Radreise. Die ersten Hügel kündigten schon an dass es ein verdammt schwieriges Radrennen werden wird. Ich konnte in der Vorbereitung nur 1700km runterspulen, fast gar nichts angesichts dieser Herausforderung, dementsprechend groß war meine Sorge zu lange zu brauchen, und damit nicht mehr genügend Zeit für den Lauf zu haben,  oder es gar nicht bis in die 2. Wechselzone zu schaffen. Ich hielt mich anfangs eher zurück, wohl wissend dass ab der Auffahrt zur Postalm die „Gaudi des Tages“ erst richtig losging. Gemütlich und großteils flach war es am Rad nur zwischen Hallstättersee und Wolfgangsee, ab dann ging es 125km nur noch Bergauf und Bergab. Die Hitze entfaltete sich gerade rechtzeitig zur rund 15km langen Auffahrt auf die Postalm. Einige Radfahrer, die mich zuvor überholten sammelte ich bei der Auffahrt gleich wieder ein. Bergfahren und Berglaufen liegt mir einfach auch mit wenig Training. Dank meiner Supporter Karin und Papa, die mich mit Wasser und Iso gut versorgten, kann ich gut über diese erste Herausforderung. Beim Socialman ist es zwingend vorgeschrieben, ein Begleitfahrzeug mit mindestens einem Supporter mitzuhaben, der für die ganze Betreuung und Verpflegung des Athleten verantwortlich ist. Es gibt den ganzen Tag über keine einzige Verpflegungsstation oder dergleichen. Alles sehr hart und stressig auch für die Supporter bei dieser Hitze!

 

Ich kam gut und zügig nach Bischofshofen, wo der Anstieg zum Dientner Sattel begann: das ultimative Herzstück der Radstrecke mit einem rund 16km langen Anstieg und Spitzensteigungen von 17-18%! Der ganze Anstieg übertraf meine kühnsten Alpträume: bei Mühlbach nach rund 9km streute ich im Schatten eine kurze Pause ein, und wässerte mich nochmal von oben nach unten ordentlich ein, denn nun kam das steilste Stück der Strecke über fast 4km. Es wurden meine härtetesten 3,5 Radkilometer meines bisherigen Lebens: eine Wand baute sich mitten in der Mittagshitze vor mir auf, die mich abwechselnd im Sitz und beim Stehend fahren mit 6-8km/h  an meine Grenze brachte. Nach 2km musste ich vom Rad, ich war total platt, meine Beine wurden aufgrund des Sauerstoffmangels hart wie das Hochkönigbergmassiv um mich herum, der Puls hämmerte mir aus den Ohren heraus. Ich fiel auf den Rücken und rang nach Luft, musste für einige Minuten meine Herzfrequenz wieder langsam senken, und brachte die erste wirkliche Qual des Tages dann zu Ende. Karin, Sarah und Papa versorgten mich am Sattel dann mit Toast, Cola und co –  die Pause tat gut, es ging dann wieder sehr flott Richtung Lend, wo aber leider schon wieder ein 6km Anstieg auf sich warten ließ mit 5-12% Steigung. Aber nach 7:36 Stunden Bruttoradzeit war es dann geschafft: ich war um 15Uhr in der 2. Wechselzone – viel früher als ich mir nur irgendwie zu träumen wagte, ich war schon sehr überwältigt zu diesem Zeitpunkt, und Karin, Papa und Sarah sehr dankbar, dass sie mich so gut mit Flüssigkeit versorgt haben; ohne sie wär das bis dahin bei dieser Gluthitze nicht zu schaffen gewesen.

 

So, nun wieder Pause, umziehen, die Beine etwas lockern, den Laufrucksack noch mit den restlichen Utensilien wie dem GPS Tracker auffüllen, und los gings dann mit meinem 5-6kg Ranzen am Rücken (Trillerpfeife, Stirnlampe, erste Hilfe Set, Verpflegung, GPS Gerät, Handy, langes Regengewand waren vorgeschrieben!). Gleich nach dem Laufstart kamen die ersten Orientierungsprobleme: einige Athleten irrten uns entgegen, und suchten den richtigen Weg, leider hatten etwas „unwitzige“ Leute die Markierungen tags zuvor entfernt! Auch ich fand leider nicht den richtigen Weg zunächst, ein Streckenchef kam mit dem Auto nach, und klärte mich über meinen Irrtum und die insgesamt blöde Lage für uns Läufer auf, er meinte aber, dass ich bis zum richtigen Weg weiterlaufen sollte, es wäre ok, ich brauche nicht mehr ganz zurück. Erleichterung. Einige Athleten strichen nach diesem ärgerlichen Herumirren für den Tag die Segel. Die Hitze machte jetzt wieder mal meinem Magen zu schaffen, ich sollte für die restlichen rund 4:30 Stunden außer Wasser und ein wenig Cola nichts mehr zu mir nehmen können. Aber lieber langsamer vorwärts kommen, als einen Hungerast zu bekommen oder zu brechen, denn das wäre das sichere Ende gewesen. So wurde es ein Lauf- Wandertag. Papa begleitete mich per Rad bis ca. km 10, von da weg lief und ging Karin mit mir den Rest bis ins Ziel. Ohne ihre Begleitung, Motivation und ihre Stöcke hätt ich den letzten Abschnitt vermutlich nicht geschafft. Meine körperlichen und geistigen Grenzen lösten sich zunehmends auf, ich wurde innerlich immer leerer, kämpfte weiter oben ab 1900 Metern Höhe auch mit der dünner werdenden Luft. Es zog und zog sich dahin, bis endlich die ersten kleinen Schneefelder auftauchten.  Es war nun wirklich nicht mehr weit, das Ziel weit oben endlich zum Sehen, wir werden es tatsächlich schaffen! Und dann war es endlich soweit: wir kamen unter Applaus zur Hochtorstrasse, ich bekam eine Erdinger Bierdose, Trank einige Schluck, und „rannte“ dann völlig euphorisiert die letzten rund 60 Höhemeter zum Gipfel! Es war einfach unglaublich, für mich ein sportliches Wunder, endlich am Ziel in fast 2600 Metern Höhe! In diesem Augenblick, wo ich körperlich und geistig komplett leer war, blieben nur noch Freude, Dankbarkeit und ein Moment tiefen Glücks von mir übrig! Vielen Dank allen, die mich an diesem Tag persönlich und geistig belgeitet und motiviert haben, besonders an Karin, Papa und Sarah, die für mich die besten Supporter waren, die man sich nur für so einen Bewerb wünschen kann!

 

Ein Finisher des „Swissman“ hat es mal so ausgedrückt: einen kurzen Triathlon finishst du mit deinen Beinen, eine Langdistanz/Ironman mit dem Kopf, aber einen Extremtriathlon wie den Swissman nur mit deinem Herzen! Dem kann ich nichts mehr hinzufügen!

 

PS: noch einige Infos für „Zahlenliebhaber“:

Triathlon Vorbereitung: 14 Wochen mit rund 9,5 Stunden Training pro Woche;

Spitze dabei: 15:15 Stunden, Minimum 5 Stunden pro Woche; alles inklusive Krafttraining und Dehnen!

Längste Radausfahrt: 5:20 Stunden, 121km;

Längster Lauf: 2h;

Längste Schwimmeinheit: 1:10 Stunden;

Beim Socialman: ca. verbrannte 7500 Kilocalorien, ca. 30 Liter Wasser und Iso, Maximale Herzfrequenz beim Radfahren 177;

Mehr zur Veranstaltung: www.socialman-triathlon.at